Insight

Ein Geschenk zum Jahreswechsel: weniger wirtschaftspolitische Unsicherheit für die Märkte

A holiday gift for markets: Increased economic policy certainty

Wöchentlicher Marktkompass: Durch die Wahlen in Großbritannien und das US-chinesische Handelsabkommen können die Unternehmen auf mehr Planungssicherheit im kommenden Jahr hoffen.

Zwei Entwicklungen der vergangenen Woche signalisieren, dass wir in eine Phase einer geringeren wirtschaftspolitischen Unsicherheit eingetreten sind. Durch die Wahlen in Großbritannien und das Phase 1-Handelsabkommen zwischen den USA und China sollten die Unternehmen deutlich mehr Planungssicherheit für 2020 und darüber hinaus erhalten. So kurz vor den Feiertagen könnte das ein willkommenes Geschenk für die Wirtschaft und die Aktienmärkte sein.

Brexit: Am 31. Januar könnte es jetzt wirklich so weit sein

Nach dem Erdrutschsieg der Konservativen Partei bei den britischen Parlamentswahlen am 12. Dezember dürfte der Brexit bis Ende Januar vollzogen werden. Die Verhandlungen über die künftigen Modalitäten der Handelsbeziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union (EU) könnten aber über Dezember 2020 hinaus andauern. Aktuell scheint denkbar, dass Großbritannien zwar den Binnenmarkt verlässt (der einen freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten ermöglicht), der Zollunion (die ein gemeinsames System von Zöllen und Einfuhrquoten für den Handel mit Drittstaaten festlegt) aber weiter angehört oder zumindest in irgendeiner Form an diese angebunden bleibt.

Wenn klarer wird, wohin die Reise geht, sollten sich die Investitionen allmählich und nachhaltig erholen. Auch rechne ich mit der Rückkehr zu höheren, irgendwo zwischen denen der Eurozone und denen der USA liegenden Wachstumsraten (auch wenn die Dynamik weiterhin geringer als vor dem Brexit-Referendum sein dürfte). Falls es so kommt, dürfte das britische Pfund nochmals etwas aufwerten, aber weiter niedriger notieren als vor dem Brexit-Referendum. Die britischen Staatsanleiherenditen könnten noch etwas weiter ansteigen. Aktien dürften kräftige Kursgewinne verzeichnen. Wenn die allgemeine Verunsicherung nachlässt, könnte die Bank of England sogar versuchen, sich der Welle von Lockerungsmaßnahmen der globalen Zentralbanken anzuschließen und die Zinsen zu senken.

Ein Teilabkommen im Handelsstreit könnte sehr positive Auswirkungen haben

Am Tag nach der Wahl in Großbritannien wurde bekanntgegeben, dass sich die USA und China auf die erste Phase eines umfassenderen Handelsabkommen geeinigt haben — eine Entwicklung, die für mehrere Branchen sehr positiv sein sollte.

Dieses „Phase 1“-Teilabkommen umfasst mehrere Maßnahmen, die gut für die Unternehmen in den USA sein könnten:

  • China hat zugesagt, den Technologietransfer für US-Unternehmen nicht mehr zur Bedingung für den Zugang zum chinesischen Markt zu machen. Sollte dies tatsächlich umgesetzt werden, dürfte es sehr positiv für den Tech-Sektor sein.
  • Die Rücknahme der angedrohten Verhängung neuer Strafzölle am 15. Dezember sollte den US-amerikanischen Tech-Unternehmen ebenfalls zugutekommen (diese Zölle hätten Laptops und Mobiltelefone betroffen), aber auch einigen US-amerikanischen Einzelhändlern (die höhere Preise für die von ihnen verkauften chinesischen Importwaren hätten zahlen müssen – von Kosmetikprodukten über Bekleidung bis hin zu Haushaltswaren).
  • Der Agrarsektor, die Energiebranche und das verarbeitende Gewerbe sollten ebenfalls profitieren – wenn China tatsächlich zusätzliche Güter ankauft, wie im Phase 1-Abkommen aktuell vorgesehen.
  • Die teilweise Rücknahme der im September verhängten Zölle (von 15% auf 7,5%) ist ebenfalls Teil des vereinbarten Deals. Davon sollte der US-Einzelhandel profitieren, da sich diese Zölle gegen Konsumgüter richteten.

Weitere bestehende Zölle sollen ebenfalls schrittweise wieder zurückgenommen werden. Ob es dazu wirklich kommt, ist allerdings alles andere als sicher. Falls ja, dürfte das eine gute Nachricht für die Autoindustrie sein (US-amerikanische und deutsche Autohersteller).

Insgesamt sollte sich der „Phase-1-Deal“ positiv auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen auswirken, da er die wirtschaftspolitische Unsicherheit reduziert. Höhere Unternehmensinvestitionen wiederum sollten die Weltwirtschaft stärken. Das dürfte für positive Impulse an den globalen Aktienmärkten sorgen — und vor allem chinesische Aktien beflügeln, die in den vergangenen Jahren meiner Ansicht nach ungerechtfertigt unter Druck standen.

Keine dieser positiven Entwicklungen ist eine ausgemachte Sache

Die größere Klarheit in Bezug auf den Brexit und das Phase 1-Handelsabkommen zwischen den USA und China sind sehr positive Entwicklungen, aber jeweils noch nicht „in trockenen Tüchern“.

  • Welchen Ansatz der britische Premierminister Boris Johnson künftig verfolgen wird, ist noch nicht ganz klar. Über das Wochenende zeigten sich die Kommentatoren geteilter Meinung darüber, ob Johnson von seinem harten Brexit-Kurs abrücken wird. Einige argumentieren, dass er das tun wird, weil er den Brexit-Ultras der ERG (einem Bündnis von Brexit-Befürwortern unter den Parlamentsabgeordneten der Konservativen Partei) und Nigel Farage (dem Chef der Brexit-Partei) nicht mehr verpflichtet ist. Andere dagegen meinen, dass er sein Versprechen halten wollen wird, die Übergangsphase bis Ende 2020 zu beenden).
  • Die USA und China haben ihr Phase 1-Abkommen noch nicht unterschrieben und es ist immer noch denkbar, dass doch nichts daraus wird:
    • China hat bislang nur wenige konkrete Details bestätigt — zum Beispiel, dass es mehr US-amerikanische Waren kaufen wird, ohne sich allerdings auf bestimmte Quoten festzulegen. Die chinesische Regierung hat keine Zusicherungen gemacht, die bestehenden Vorgaben zum Technologietransfer zu lockern.
    • China geht es vor allem darum, die USA zur Rücknahme bestehender Zölle zu bringen — die chinesische Regierung hat dies zu einer grundlegenden Bedingung in den Verhandlungen gemacht. Bislang haben die USA aber wenig Bereitschaft gezeigt, Zölle ohne bedeutende Zugeständnisse der Gegenseite zurückzunehmen. Daher bleibt offen, ob die USA zu einem noch größeren Entgegenkommen bereit sein werden.
    • Parallel zum einstweiligen Waffenstillstand an der Handelsfront liefern sich die USA und China inzwischen Gefechte an anderen Stellen. In der letzten Woche berichtete die Financial Times, dass China seine Behörden angewiesen habe, alle ausländischen Computer und Software innerhalb von drei Jahren zu entfernen und durch heimische Technologie zu ersetzen. Ein solches Vorgehen hätte negative Folgen für US-amerikanische Technologieunternehmen, die derartige Produkte an China verkaufen. Mit diesem Schritt scheint sich China für die jüngste Verordnung der Trump-Administration zur Beschränkung der Nutzung chinesischer Technologien in den USA zu rächen. Der groß angelegte Austausch US-amerikanischer Computertechnologie und Software durch heimische Produkte soll im kommenden Jahr beginnen. Damit dürften die Beziehungen zwischen den beiden Ländern angespannt bleiben und es besteht ein reales Risiko einer erneuten Verschlechterung der Beziehungen mit möglichen negativen Auswirkungen auf die Handelsgespräche.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Entwicklungen der vergangenen Woche sind sehr positiv. Aber bis der Brexit vollzogen und das Phase 1-Abkommen unterschrieben ist, könnte die Unsicherheit jederzeit wieder zunehmen. Was bedeutet das für Investoren? Wir halten eine breite Portfoliodiversifikation mit einem angemessenen Engagement in Risikoanlagen weiterhin für wichtig, meinen aber auch, dass sich Anleger auf eine kurzfristig höhere Volatilität einstellen sollten.

Frohe Festtage

Auch der Wöchentliche Marktkompass legt eine Feiertagspause ein. Am 6. Januar sind wir wieder zurück. Frohe Festtage und alles Gute für das neue Jahr!

Risikohinweis

  • Der Wert von Anteilen kann schwanken. Dies kann teilweise auf Wechselkursänderungen zurückzuführen sein. Es ist möglich, dass Anleger bei der Rückgabe ihrer Anteile weniger als den ursprünglich angelegten Betrag zurückerhalten.

Wichtige Informationen

  • Daten vom 16. Dezember 2019, sofern nicht anders angegeben. Dieses Marketingdokument stellt keine Empfehlung dar, in eine bestimmte Anlageklasse, Finanzinstrument oder Strategie, zu investieren. Das Dokument unterliegt nicht den regulatorischen Anforderungen, welche die Unvoreingenommenheit von Anlageempfehlungen/Anlagestrategieempfehlungen sowie das Verbot des Handels vor der Veröffentlichung der Anlageempfehlung/Anlagestrategieempfehlung vorschreiben. Diese Information dient ausschließlich der Veranschaulichung und ist keine Empfehlung zum Kauf, Halten oder Verkauf von Finanzinstrumenten. Die in diesem Material dargestellten Prognosen und Marktaussichten sind subjektive Einschätzungen und Annahmen des Fondsmanagements oder deren Vertreter. Diese können sich jederzeit und ohne vorherige Ankündigung ändern. Diese Publikation ist nicht Bestandteil eines Verkaufsprospektes. Sie enthält lediglich allgemeine Informationen und berücksichtigt keine individuellen Erwartungen, steuerliche oder finanzielle Interessen.