„Unser Ausblick für den Rest des Jahres konzentriert sich auf den Inflationspfad und die Risikoabwägungen der Zentralbanken, wenn diese mit der Lockerung ihrer Geldpolitik beginnen.“
Kristina Hooper, Invesco Chief Global Market Strategist
Zur Jahresmitte 2024 ist das Anlagethema Divergenz zurück, da die Entwicklung der verschiedenen Volkswirtschaften wieder stärker auseinanderläuft. Wie werden sich die wichtigsten wirtschaftlichen Faktoren entwickeln und welche Auswirkungen auf die Märkte sind zu erwarten?
Wichtige Industrieländer befinden sich aus unserer Sicht in einer späten Phase des Konjunkturzyklus. Dagegen ist China in einer frühen Phase des Konjunkturzyklus. Bei anderen Schwellenländern ist die Lage uneinheitlich.
„Holprige Landung“ in großen Industrieländern, gefolgt von einer Erholung.
Wir sind der Ansicht, dass der Höchststand der Zinsen erreicht ist oder kurz bevorsteht. In Europa wird die Straffung der Geldpolitik voraussichtlich andauern. In China dürfte die Geldpolitik weiter für Unterstützung sorgen.
Die Weltwirtschaft befindet sich in einer Schwächephase. Entgegen der allgemeinen Erwartung einer weltweiten Konjunkturabschwächung im Jahr 2024 haben sich Wachstum und Inflation in den meisten großen Volkswirtschaften jedoch besser entwickelt als erwartet. Das Anlagethema Divergenz ist zurück: Die Wachstums- und Inflationsentwicklung in den verschiedenen Volkswirtschaften wird in nächster Zeit voraussichtlich wieder stärker auseinanderlaufen.
„Unser Ausblick für den Rest des Jahres konzentriert sich auf den Inflationspfad und die Risikoabwägungen der Zentralbanken, wenn diese mit der Lockerung ihrer Geldpolitik beginnen.“
Kristina Hooper, Invesco Chief Global Market Strategist
Unserer Ansicht nach hat die robuste Nachfrage einen schnelleren Rückgang der Inflation in den großen westlichen Volkswirtschaften verhindert. Das gilt insbesondere für die USA. Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Inflation in den meisten Volkswirtschaften im Prognosezeitraum sinken wird. In anderen entwickelten Volkswirtschaften dürfte der Preisdruck schneller nachlassen als in den USA. Dadurch könnten sich die Zentralbanken der großen Industrieländer allerdings auf marginale Zinssenkungen beschränken.
Die Wirkung der Zinserhöhungen hat länger auf sich warten lassen als erwartet und ist am stärksten im Grenzbereich zu spüren. Zum Beispiel zeigt sie sich in einem moderaten Anstieg der Kreditkartenschulden und zunehmenden Ausfällen bei Verbraucherkrediten in den USA.
Die wirtschaftliche Entwicklung in der Eurozone und den USA zeichnet sich durch einige bedeutende Unterschiede aus. In den USA lief der Konjunkturmotor in den letzten Jahren deutlich besser als in der Eurozone. Trotz erheblichen geopolitischen Gegenwinds aus mehreren Richtungen, darunter durch den Krieg zwischen Russland und der Ukraine, hat sich die relative Wachstumsdynamik in der Eurozone im Vergleich zu den USA in jüngster Zeit jedoch verbessert.
Inzwischen nehmen die positiven Überraschungen bei den Wirtschaftsdaten deutlich zu. Nach den zuvor deutlichen Wachstumsunterschieden zwischen Nord- und Südeuropa (mit einer größeren Dynamik im Süden) hat sich auch die Wirtschaftstätigkeit in Nordeuropa – insbesondere in Deutschland – zuletzt verbessert. Zukunftsgerichtete Indikatoren deuten auf eine zunehmende Annäherung an die Trendwachstumsrate hin.
Auch beim Disinflationsprozess hat die Eurozone in jüngster Zeit schnellere Fortschritte gemacht als die USA. Die Kerninflation hat sich ihrem Zielwert angenähert. Die Dienstleistungsinflation ist zwar immer noch hoch, hat sich aber abgeschwächt. Die Arbeitsmarktlage in der Eurozone hat sich etwas entspannt. Die Inflationserwartungen der Verbraucher haben sich ebenfalls abgeschwächt und erscheinen gut verankert.
Da die Inflation nahe an den Zielvorgaben der Zentralbank liegt, hat die Europäische Zentralbank (EZB) begonnen, ihre Politik zu lockern, und hat ihre erste Zinssenkung vorgenommen. Eine schrittweise Lockerung wird wahrscheinlich folgen.
Der Beginn der Zinssenkungen in der Eurozone dürfte die Wachstumsbelebung unterstützen. Insgesamt gehen wir in unserem kurzfristigen Ausblick für Europa von einer leichten Wachstumsbeschleunigung aus. Steigende Reallöhne dürften diese Dynamik zusätzlich untermauern, sodass die Wirtschaft der Eurozone im weiteren Verlauf dieses Jahres allmählich zum Trendwachstum zurückkehren sollte.
In den europäischen Schwellenländern rechnen wir mit einem anhaltenden Rückgang der hohen Inflationsraten. Das Wirtschaftswachstum wird voraussichtlich hinter dem Trend zurückbleiben, aber anziehen und höher ausfallen als in den entwickelten Märkten.
In Großbritannien rechnen wir mit einer ähnlichen wirtschaftlichen Entwicklung wie in der Eurozone. Durch länderspezifische Faktoren wie die anhaltenden Auswirkungen des Brexit dürfte das Wachstum allerdings gedämpfter ausfallen. Die Wirtschaftsaktivität hat sich zuletzt verbessert. Die leichte Erholung spiegelt sich im Anstieg der Frühindikatoren wider. Die Inflation hat ebenfalls nachgelassen, allerdings in geringerem Maße als in der Eurozone.
Die Bank of England scheint die Zinsen erst später senken zu wollen als die EZB. Wir rechnen jedoch immer noch mit mindestens einer Zinssenkung bis zum Jahresende. Die hohe Lohn- und Dienstleistungsinflation erschwert die Lage und könnte das Potenzial für weitere Lockerungen der Geldpolitik begrenzen.
Obwohl die Divergenz im Mittelpunkt unseres Ausblicks steht, sehen wir Chancen in allen wichtigen Anlageklassen.
Die Anleiherenditen sind so hoch wie zu kaum einem anderen Zeitpunkt in den letzten Jahrzehnten. Dadurch sehen wir an den Anleihemärkten trotz enger Spreads attraktive Anlagemöglichkeiten, insbesondere über längere Anlagehorizonte. In den entwickelten europäischen Märkten sind die Zinsen zwar niedriger als in den USA, aber trotzdem beachtlich. |
Die Lockerung der Geldpolitik sollte insgesamt positiv für Risikoanlagen sein, vor allem aber in der Eurozone und Großbritannien. Zum einen sind die Aktienbewertungen hier attraktiver als in den USA, zum anderen zeichnen sich diese Märkte durch einen größeren Anteil zyklischer Werte sowie eine stärkere Konzentration auf den Value-Faktor aus, der in wirtschaftlichen Erholungsphasen in der Regel gut performt. |
In einem Umfeld, in dem die Zinsen noch länger auf einem höheren Niveau liegen könnten, erscheinen Loans und Private Credit mit ihren hohen Renditen und einer Duration von nahezu Null attraktiv. Die Bewertungen von Immobilienfonds bewegen sich nahe an Tiefständen. Angesichts des angesammelten „Dry Powders“ (von Anlegern eingeworbenes, aber noch nicht eingesetztes Kapital) der Branche haben Private Equity-Firmen einen großen Anreiz, mehr Investitionen zu tätigen. |
Der britische Aktienmarkt zeichnet sich durch ein hohes Gewicht von rohstoffbezogenen Aktien (Energie, Metalle und Bergbau) aus und dürfte von der Stärke der Rohstoffpreise profitieren.
Am 4. Juli 2024 finden in Großbritannien Parlamentswahlen statt. Dies könnte zwar Unsicherheit mit sich bringen, aber auch den Aktienmarkt und das britische Pfund stützen, falls sich eine Aufbruchstimmung wie im Jahr 1997 einstellen sollte (damals gab es den letzten Wechsel von einer langjährigen konservativen Regierung zu Labour).
Die Tatsache, dass europäische und britische Unternehmen ihre Aktienrückkäufe deutlich erhöht haben, könnte für zusätzlichen Rückenwind an den europäischen und britischen Aktienmärkten sorgen.
Viele festverzinsliche Anlagen werden von soliden Fundamentaldaten gestützt, was eine Erklärung für die sehr engen Credit Spreads von Investment Grade- und Hochzinsobligationen ist. Um vom robusten und sich verbessernden Wachstumsumfeld zu profitieren, gehen wir gezielt etwas höhere Kreditrisiken ein. Interessanterweise erscheinen die Bewertungen an den europäischen High Yield-Märkten weniger überreizt als in den USA (nach den Spreads zu urteilen). Auch europäische Investment Grade-Obligationen halten für wir relativ attraktiv bewertet.
Darüber hinaus schätzen wir europäische Bank Loans als diversifizierende Anlageklasse, die tendenziell eine ähnliche Volatilität wie Investment Grade-Obligationen aufweist, aber aufgrund ihrer hohen laufenden Rendite unserer Ansicht nach ein größeres Gesamtrenditepotenzial bietet. Mit einer Duration von nahezu Null haben sich Loans im Vergleich zu anderen festverzinslichen Anlageklassen auch relativ immun gegen die jüngste Zinsvolatilität gezeigt.
Eine starke Performance erwarten wir auch bei Aktien und Staatsobligationen europäischer Schwellenländer. Unser Ausblick für die europäischen Immobilienmärkte ist ebenfalls positiv, da diese unserer Ansicht nach eine erhebliche Skepsis eingepreist haben und daher erhebliches Aufwärtspotenzial bieten dürften, wenn sich das Umfeld verbessert.
Der Wert von Anlagen und die Erträge hieraus unterliegen Schwankungen. Dies kann teilweise auf Wechselkursänderungen zurückzuführen sein. Es ist möglich, dass Anleger bei der Rückgabe ihrer Anteile nicht den vollen investierten Betrag zurückerhalten.
Die Ansichten und Meinungen beruhen auf den aktuellen Marktbedingungen und können sich jederzeit ändern.
Dies ist Marketingmaterial und kein Anlagerat. Es ist nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Anlageklasse, eines Wertpapiers oder einer Strategie gedacht. Regulatorische Anforderungen, die die Unparteilichkeit von Anlage- oder Anlagestrategieempfehlungen verlangen, sind daher nicht anwendbar, ebenso wenig wie das Handelsverbot vor deren Veröffentlichung.
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