Das Jahr 2026 wird unserer Ansicht nach erneut ein herausforderndes Investmentumfeld für Versicherungen bieten. Während sich die Weltwirtschaft im Jahr 2025 recht gut behauptet hat, sind für die Zukunft einige Risiken zu beachten. Zum Beispiel: Wird die US-Notenbank Fed die Zinsen zu schnell senken und so die Inflation antreiben? Oder wird sie sie zu langsam senken und gezwungen sein, in einer sich abkühlenden Konjunktur wichtige Schritte nachzuholen? Werden die Zölle zu weiterem Inflationsdruck führen? Werden die geopolitischen Konflikte die Risikoanlagen unter Druck setzen?
Während sich Risikoanlagen zum Jahresende 2025 weiterhin gut entwickeln, sehen wir eine Rezession nicht als ein wesentliches absehbares Risiko. Wir nehmen vielmehr gemischte Signale wahr, die zusammen mit hohen Bewertungen ein vorsichtiges Vorgehen zu Beginn des neuen Jahres erfordern.
Die Fundamentaldaten im Fixed Income-Bereich sind solide, aber die Spread-Duration stellt ein Risiko dar.
Wir haben im Jahr 2025 einen eindeutigen Abwärtstrend bei Anleihen festgestellt: So sind zehnjährige US-Staatsanleihen bis Mitte Oktober um rund 80 Basispunkte auf unter 4 % gefallen. Während die grossen Zentralbanken mit Zinssenkungen begonnen haben, bewerten die Investoren weiterhin neu, wie weit die Zinsen noch sinken werden und wie schnell dieser Zielwert erreicht werden kann. Insbesondere preist der Markt für US-Staatsanleihen über die nächsten zwei bis drei Jahre nahezu konstant langfristige Renditen ein, die für die meisten Versicherer von grösserer Bedeutung sind.
Indes kehrten die Spreads vieler festverzinslicher Anlagen in etwa auf ihr Jahresanfangsniveau zurück, nachdem sie sich im Frühjahr erheblich ausgeweitet hatten. Damit lagen die Gesamtrenditen für US-Investment-Grade-Anlagen Mitte Oktober bei etwa 4%, die Renditen für britische Anlagen im niedrigen 5%-Bereich und die Renditen für europäische Anlagen bei etwa 3%. Auch wenn die Fundamentaldaten solide sind, raten wir zur Vorsicht bei der Spread-Duration, da die Spread-Risiken derzeit asymmetrisch nach oben tendieren.
Private Markets gewinnen für Versicherungen an Bedeutung
Unseres Erachtens sollten Versicherer jenseits der öffentlichen Anleihemärkte ihre Private Market Portfolios weiter ausbauen und verfeinern. Private Credit bleibt in den Invesco-Strategien gegenüber anderen Anlageklassen übergewichtet. Der Grund dafür sind ihre attraktiven Gesamtrenditen, ihre Vorrangigkeit in der Kapitalstruktur und angemessene Spreads gegenüber liquiden Kreditinstrumenten. Kürzlich wurde ausführlich über Kreditereignisse an den Privatmärkten diskutiert und darüber, ob diese Anzeichen für einen bevorstehenden allgemeinen Druck oder Einzelfälle sind. Unseres Erachtens handelt es sich eher um Einzelfälle, wobei die aktuellen Spreads weiterhin eine angemessene Entschädigung für das Risiko bieten. Gewerbeimmobilien standen in den letzten Jahren ebenfalls unter Druck. Allerdings kann das derzeitige Umfeld attraktive Renditen für Real Estate Debt bieten. Unserer Meinung nach ist dies eine Chance, die kapitalbereinigten Renditen für eine grössere Zahl von Versicherungen weltweit zu erhöhen.
Bei Private Equity raten wir unseren Kunden weiterhin zur Vorsicht. Aufgrund erheblicher Liquiditätsreserven (Dry Powder) und der hohen Bewertungen ist der Private Equity-Markt aus technischer Sicht ein schwieriges Umfeld. Da die Finanzierungsniveaus nach wie vor höher sind als in der jüngsten Vergangenheit, ist das Renditepotenzial durch den Einsatz von Fremdkapital nicht so attraktiv wie noch vor wenigen Jahren.
Wichtige Regulatorische Aspekte
Aus regulatorischer Sicht gibt es zahlreiche Aspekte, die auch im Jahr 2026 weiterhin eine genaue Überwachung erfordern.
Die europäischen und britischen Versicherungsportfolios sind weiterhin geprägt durch das EU-Regelwerk Solvency II und das britische Regelwerk Solvency UK – sowie durch das gesamtwirtschaftliche Umfeld historisch niedriger Spreads an den öffentlichen Märkten, der politisch verursachten Volatilität im Jahr 2025 und der anhaltenden Inflationssorgen.
Das Ziel der anstehenden Überarbeitungen von Solvency II durch die EU (2026–2027) ist es, die Eigenkapitalunterlegungen für hochwertige vorrangige Verbriefungstranchen erheblich zu senken und die Behandlung von Infrastruktur- und langfristigen Aktienengagements zu verbessern. Diese Änderungen machen aus vorrangig strukturierten Krediten – wie Asset-Based Finance, Commercial Mortage Loans (gewerbliche Hypothekendarlehen) und vorrangige Tranchen von Collateralised Loan Structures (CLOs) – attraktive Optionen für Versicherungen, die eine kapitaleffiziente Rendite und Portfoliodiversifizierung anstreben.
In Grossbritannien erweitern die von der Prudential Regulation Authority (PRA) geplanten Aktualisierungen des Matching Adjustment (MA)-Rahmens den Zugang der Versicherer zu Private Markets. Der ‚Matching Adjustment Investment Accelerator’ (MAIA) schafft Flexibilität vor der Investition und ermöglicht einen schnelleren Einsatz in zulässige illiquide und strukturierte Anlagen. Zudem haben die Reformen aus dem Jahr 2024 – Abschaffung der Obergrenze für Anlagen unterhalb Investment Grade und die Einführung der hochgradig vorhersehbaren (HP) Anlagekategorie – Versicherer dazu veranlasst, CLO-Tranchen in Betracht zu ziehen, aufgrund ihrer Kombination aus erhöhter Rendite und struktureller Widerstandsfähigkeit. Mit der Reduzierung von Risiken aus Pensionsverpflichtungen und Bulk Annuity-Volumina (grossvolumigen Transaktionen, bei denen Versicherer Pensionsverpflichtungen übernehmen), die Rekordhöhen von jährlich 10 Milliarden britischen Pfund erreichen, erweitern die Matching Adjustment–Reformen der PRA die Palette zulässiger Anlagen. Dazu zählen strukturierte Kredite, Broadly Syndicated Loans und Private Credit-CLOs. Gleichzeitig beschleunigen die Reformen die Allokation in illiquide Kreditinstrumente für die Rentenportfolios britischer Lebensversicherer.
In den USA überwachen die Aufsichtsbehörden weiterhin die Berichterstattungspflichten für Versicherer, die von Alternative Asset Managern unterstützt werden, und erwägen Anpassungen. Zudem passen sich die Versicherer in den USA weiter an die jüngsten Änderungen der Anleihedefinitionen und die damit verbundenen Berichtspflichten an. Ein Thema, dem mehr Aufmerksamkeit zuteil wird, ist der Kreditrating-Prozess und insbesondere die Verbreitung privater Ratings. Dabei nimmt die National Association of Insurance Commissioners (NAIC) eine aktivere Rolle bei der Überprüfung und potenziellen Anfechtung von Ratings ein. Dies hat zu umfangreichen Kommentaren seitens der Versicherer geführt.
In Asien im Allgemeinen sind die Einführung oder Aktualisierung bestehender, risikobasierter Kapitalregime (RBC) – sowie Finanzberichtsstandards – zentrale Aspekte für Versicherer in der Region. Das Private Market-Engagement hat bei Versicherungen allmählich zugenommen, da sie ihre Portfolios diversifizieren und Spreads erzielen möchten. Dennoch sind Versicherer in Asien laut einem kürzlich erschienenen Bericht weiterhin deutlich untergewichtet in Private Markets, im Vergleich zu ihren europäischen, britischen und US-amerikanischen Pendants. Versicherer, insbesondere Lebensversicherer, sind weiterhin gut aufgestellt, um von privaten Anlagen zu profitieren – gestützt durch laufende neue Geschäftszuflüsse wie auch aktive Bestände. Kreditfokussierte Strategien, wie Direct Lending, Real Estate Debt (oben erwähnt), und strukturierte Kredite (insbesondere vorrangige Tranchen von Collateralized Loan Obligations), sind tendenziell sehr attraktiv, da sie zusätzliche Risikoprämien generieren und zur Diversifizierung der bestehenden Fixed Income-Allokation beitragen. Dies erfordert natürlich einen strengeren Due-Diligence-Prozess – sei es direkt auf Wertpapierebene oder bei der Bewertung von Asset Managern, die solche Strategien umsetzen. Im Rahmen der RBC-Regime können private Anlagen im Allgemeinen ein vorteilhaftes Risiko-Rendite-Profil bieten und Portfolios effizienter machen – allerdings unter der Voraussetzung, dass Versicherer die damit verbundenen zusätzlichen Risiken verstehen und angemessen steuern. Unseres Erachtens steht ein disziplinierter und differenzierter Ansatz für Private Market-Investments weiterhin im Fokus für die Versicherer in der Region.
Im Vorfeld und begleitend zu diesen Reformen konzentrieren sich Versicherer weiterhin darauf, ihre Allokationen in kreditfokussierte Strategien zu erhöhen, die Fixed Income-Anlagen ergänzen – insbesondere Infrastrukturanleihen, Real Estate Debt und Direct Lending. Diese Vermögenswerte sorgen für eine Renditesteigerung und verbessern die Portfoliodiversifikation mit klarem Fokus auf der Widerstandsfähigkeit des Portfolios. Mit der Weiterentwicklung des regulatorischen Umfelds verfeinern Versicherer ihr Asset-Liability-Management und ihre Governance, um Kapitaleffizienz, Rendite und Portfoliostabilität in Einklang zu bringen.
Herausforderungen erfordern eine defensive Haltung
Zusammengefasst erwarten wir, dass 2026 ein weiteres herausforderndes Jahr für Versicherungsinvestoren sein wird. Anlagechancen existieren zweifellos weiterhin. Allerdings empfehlen wir angesichts hoher Bewertungen und der gemischten Signale aus der Realwirtschaft eine defensive Haltung.